Schimmelpilz nach Dämmung bzw. Sanierung?
Immer wieder beschweren sich Bewohner von neu gedämmten Häusern über Schimmelbefall, den sie vor der Dämmung nicht hatten. Warum schimmelt es jetzt plötzlich nach der Dämmung? Liegt es am Dämm-Material? Oder an falsch angebrachter Dämmung? Oder sind am Ende sogar die Bewohner selbst schuld?
Schimmel-Experte und Bausachverständiger Eberhard Schenk klärt auf.
Früher waren die Häuser undicht, die Fenster dauerbelüftet. Dies ist spätestens seit der Energiekriese in den 1970-er Jahren nicht mehr akzeptabel. So wurden die Gebäude immer besser gedämmt und isoliert. Was jedoch häufig vergessen und ignoriert wurde:
Jeder Eingriff in die Wärme ist auch ein Eingriff in die Feuchte.
Statt Kohlen vom Keller zu holen und Asche in den Mülleimer zu bringen müssen wir jetzt verstärkt lüften. Das Wohnen in einem wärmegedämmten Haus folgt anderen bauphysikalischen Gesetzen.
Wenn die Tage kühler und kürzer werden öffnen sich in manchen Wohnungen die Fenster nur noch selten: Schließlich will man die teure Wärme nicht einfach "hinaus lüften"! Doch wer glaubt, durch weniger lüften Heizenergie zu sparen, der irrt sich. Es braucht mehr Energie feuchte Luft zu erwärmen, als frische trockenere Außenluft.
Dämmen birgt auch Gefahren
Man kann sich ein Haus wie eine Zelle vorstellen, welche eine Membran besitzt, um Sauerstoff herein zu lassen und verbrauchte Luft, Feuchte und Ausdünstungen nach außen abzuführen. Die Fenster sind die Membranen unseres Hauses. Wenn diese dicht gemacht werden, entsteht ein Feuchtestau und Ausdünstungsstau im Haus, der CO2-Wert (Kohlendioxid) steigt.
Der Einbau neuer Fenster bedeutet häufigeres Lüften (vermehrte Lüftungszyklen) oder den Einbau einer kontrollierten Wohnraumlüftungsanlage.
Warum ist ein Fenstertausch als alleinige Sanierungsmaßnahme kritisch?
Bei neuen Fenstern sind plötzlich die Fensterflächen besser gedämmt, als die Außenecken, speziell im Übergang zum Dach, Keller oder Tiefgarage.
Wird dies nicht berücksichtigt, so ist das veränderte Gefüge des Gebäudes durch nicht mehr existierenden automatischen Luftwechsel so stark verändert, dass sich die Wohnfeuchte neue Plätze sucht. Diese findet sie auf kalten Oberflächen. Dort bildet sich Kondensat, aus Kondensat entsteht Schimmel.
Von Schimmelbefall bedrohte Flächen in der Wohnung
Im weniger geheizten Schlafzimmer oder hinter den Schränken, welche an den Außenwänden stehen. Omas alte Schränke mit "Füßchen" und einer dicken Sockelleiste (damit der Schrank nicht ganz an die Wand angestellt werden konnte) hatten also durchaus ihren Sinn.
Sind die Lüftungszyklen zu gering oder zu kurz, steigt die Luftfeuchte.
Zu hohe Luftfeuchte zeigt sich
- an den beschlagenen Fenstern
- am Schimmelbefall, vor allem im Schlaf- und Kinderzimmer
(z. B. im Bettkasten, zwischen ungeheizter Kellerdecke und Lattenrost). - durch einen "Muffel-Geruch" hinter den Einbauschränken der Küche
oder hinter dem Schlafzimmerschrank an der Außenwand. - an Schimmelwachstum in den Topfpflanzen. Dort kann sich aufgrund der hohen Feuchte im Erdsubstrad Schimmel bilden. Die Schimmelsporen verteilen sich im ganzen Raum, ohne dass diese gesehen werden.
Die meisten Schimmelschäden findet man in Wohnungen ...
- im Tiefpaterre bzw. des Untergeschosses
- über Tiefgaragen
- in Dachgeschosswohnungen
Früher wurden Dächer für Wohnzwecke ebenso wenig ausgebaut wie Untergeschosswohnungen. Das hat sich geändert.
Jedoch: Im Dachgeschoss und Untergeschoss liegen besondere bauphysikalische Gesetze vor. Werden diese ignoriert, kann ein Schimmelpilzproblem die Folge sein.
Desweiteren wird oft in Tiefgaragen die notwendige Dämmung zur Wohnung nicht berücksichtigt. Dadurch kann jeder Heizungs- und Lüftungsfehler in der direkt darüber liegenden Wohnung die Wachstumsvoraussetzung für Schimmelpilz begünstigen.
Welche Personenkreise sind erfahrungsgemäß am meisten von Schimmelpilzbefall betroffen?
- Ältere
- Berufstätige Personen
Warum ist das so?
Ältere Personen mussten sich in ihren jüngeren Jahren meistens nie um die Lüftung kümmern. Undichte Fenster haben dies "allein" erledigt. Auch haben sie in der Kriegs-/Nachkriegszeit sparen gelernt. So will man die teure, warme Luft nicht zu Fenster hinaus heizen und das Energiesparen kann zum Hygieneproblem werden.
Berufstätige können nur morgens und abends lüften. Wird morgens gelüftet, findet man in der Wohnung jedoch nach zwei Stunden wieder eine zu hohe Luftfeuchte vor, obwohl niemand zu Hause ist. Dies gilt vor allem für das Badezimmer und das Schlafzimmer. Nach dem morgendlichen Lüften können die feuchten Handtücher und der Badvorleger im Badezimmer die Feuchte wieder an die trockene erwärmte Raumluft abgeben. Auch im Schlafzimmer geben Matratzen, Decken und Nachtwäsche die Feuchte wieder an die erneuerte, trockene Raumluft ab.
Wird diese erneut hohe Raumluftfeuchte nicht sofort sondern z. B. erst am Abend an die Außenluft abgegeben, so sucht sich diese Feuchte zwischenzeitlich neue Flächen zum Niederlassen. Dies sind im Badezimmer die kühlen Außenecken, im Schlafzimmer vor allem die kühlen Außenwandflächen oder hinter den Schränken, die selten eine Unter- bzw. Hinterlüftung aufweisen.
Wird die Mindestdämmung für ein ausreichendes Hygieneklima im Gebäude nicht eingehalten oder liegen Spätfolgen eines schlecht sanierten Wasserschadens vor, kann man lüften und heizen so viel man will:
Das Schimmelproblem breitet sich aus.
Auch eine gute Bewertung des Energieausweises ist keine Garantie für ein schimmelfreies Haus. Werden bei Wärmedämmmaßnahmen auskragende Balkonplatten oder ungedämmte Dachböden nicht berücksichtigt, wird ein Gebäude nach der Dämmung zwar weniger Heizenergie benötigen, jedoch Bauteile aufweisen, welche schadensanfälliger sind als vor der Sanierung.
Schimmel benötigt für die Entstehung vor allem Feuchte.
Nach Professor Richter, Dresden, besteht bei einer 4-köpfigen Familie ein täglicher Feuchteeintrag in die Wohnung von 8 – 14 Litern.
Dieser Feuchteeintrag entsteht durch:
- körperliche Ausdünstung, Schwitzen
- Duschen, Baden
- Geschirrspülen
- Wäsche trocknen
- Pflanzen
Ein Hygrometer zur Luftfeuchtemessung sollte in keiner Wohnung fehlen, denn Luftfeuchte kann man im Gegensatz zur Raumtemperatur nur sehr schwer fühlen und somit kaum einschätzen.
Tipp: Ist die Luftfeuchte kontinuierlich zu hoch, sollten Sie die Ursache analysieren um Schimmel zu vermeiden.